Als man in Gera wieder an den Fußball denken konnte, standen die Verantwortlichen vor einem Trümmerhaufen. Allein beim SC Gera hatten „60 Mitglieder ihre Vaterlandsliebe mit dem Blute besiegelt“, bei den anderen sah es nicht viel besser aus. Die Concordia hatte schon 1916 den Pachtvertrag mit Scheffels Erben lösen müssen und besaß praktisch keine Spielstätte mehr. Dazu kamen die Probleme im Nachkriegsdeutschland: Hunger, Gewalt, Unsicherheit. In Gera trafen sich – wie im ganzen Land – zwei Entwicklungswellen: Zum einen waren viele Fußballer im Krieg gefallen und fehlten ihren Vereinen. Zum anderen hatten die Soldaten in den Schützengräben das Fußballspiel kennen gelernt. Durch den Achtstundentag hatten die Arbeiter Zeit und die wurde nun oft in den Fußball investiert. Der SC Gera reagierte auf die neuen Aufgaben, in dem er sich mit einem anderen Verein zusammenschloss, der Sportabteilung der Turnerschaft. Am 15. April 1919 wurden in einer denkwürdigen Sitzung beide vereinigt. Der Nationalspieler und alte SCer Willy Völker, inzwischen Dr. phil., leitete die historische Stunde, an deren Ende der 1. Verein für Rasenspiele Gera, 1. VfR Gera, stand.

Auch die Concordia fand Unterschlupf und spielte zuerst auf dem Platz von Hohenzollern Zwötzen, bevor es dann auf dem Kasernenhof des 96. Infanterie-Regiments weitergehen konnte. Dort gewannen die Concorden die Ausscheidungskämpfe und stiegen am 26. September 1919 in der Erste Klasse auf. Damit spielte die Concordia in der gleichen Liga wie der große 1. VfR, denn die Klasseneinteilung lautete: Thüringenliga, Erste Klasse (Staffel A und B). In der Staffel B – was für ein Name – spielte außerdem die Mannschaft der noch bestehenden Allgemeinen Turngemeinde ATG.

Und dann kam noch ein Geraer Verein hinzu: der SC Wacker 1910 Gera. Dabei handelt es sich um den spielstärksten Fußballverein aus Zwötzen. Das Dorf war 1919 nach Gera eingemeindet worden und mit Zwötzen erbte die Stadt auch einen neuen Fußballverein. Die vier Gerschen trafen dann auf den FV 06 Saalfeld, die Spvg 1908 Jena und den VfB Pößneck. Mit vier Niederlagen – davon zwei gegen die Concordia – schaffte der neue 1.VfR zuerst Punktgleichheit mit Tabellenführer Saalfeld und gewann dann das Entscheidungsspiel 2:1. Der Staffelsieger 1. VfR traf dann im Finale um die Meisterschaft des Gaus Ostthüringen auf den Sieger der Staffel A, Vimaria Weimar. Die Vimaria holte in Gera ein 1:1 und gewann in Weimar 2:1 – Gera hatte die Meisterschaft verpasst. Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein.

1919/1920

Beitragsnavigation